Der April, der macht, was er will. Diese viel zitierte Bauernregel traf dieses Jahr kaum auf den normalerweise unberechenbaren Frühlingsmonat zu. Keine abrupten Wechsel zwischen Schneeschauern, Regengüssen und wärmender Frühlingsonne, sondern Sonnenschein ohne Ende bei fast schon sommerlichen Temperaturen. Laut Meteoschweiz war der April 2020 der zweit- bis viertwärmste April seit Messbeginn 1864! Die Folge: Ausgetrocknete Böden, durstige Pflanzen und Tiere. Im dicht bebauten Siedlungsgebiet ist es für die Wildtiere in Trockenperioden nicht immer einfach, Wasser zu finden. Mit ein wenig Hilfe können wir ihnen das Leben in regenarmen Zeiten erleichtern. Wasserknappheit im Siedlungsraum Siedlungsgebiete sind gute Lebensräume für viele Tier- und Pflanzenarten. Begebe ich mich auf eine Stadtwanderung, komme ich an unterschiedlichen Grünräumen vorbei: Hausgärten, Hinterhöfe, Industriebrachen, Gartenareale, Baumalleen, Parkanlagen, Flussufer und begrünte Dächer oder Fassaden. Aus der Vogelperspektive betrachtet, bilden sie ein abwechslungsreiches Mosaik. Die heutzutage angesagte verdichte Bauweise führt jedoch zu einer Zunahme an versiegelten Böden. Städte werden zu Hitzeinseln und ihre Durchschnittstemperaturen übersteigen diejenigen des Umlands deutlich. Es wird immer trockener. Und wenn der Regen für längere Zeit ausbleibt wie im vergangenen April, kann Wasser für manche Wildtiere zu einer knappen Ressource werden. © Claudia Kistler / stadtwildtiere.ch Der Versiegelungsgrad im Siedlungsraum nimmt zu. Hotspot Wasserschale Hier können wir Menschen Abhilfe schaffen. Es ist ganz einfach: Man füllt ein Gefäss mit Wasser und versieht es mit Ästen und Steinen als Ausstiegshilfen für kleinere Besucher. Denn bei ihnen besteht die Gefahr, dass sie ertrinken. Daher sind flache Schale besser geeignet. Wichtig ist, das Wasser täglich zu wechseln, damit sich möglichst keine Keime verbreiten können. Stellt man die Installation an einen gut überblickbaren Ort im Garten, ergibt das eine perfekte Beobachtungsstelle. Steht eine Fotofalle zur Verfügung, wird es erst recht interessant. Denn dann werden auch die heimlichen nächtlichen Besucher sichtbar! Badende Spatzen, durstige Igel, mutige Mäuse So geschehen bei den Stadtnaturbeobachterinnen Franziska Lörcher und Cornelia Hürzeler. Sie sind im April den Tieren zu Hilfe geeilt und haben sie während der Trockenperiode mit Wasser versorgt. Gleichzeitig haben sie ihre Wildtierkameras in Position gebracht. Wie die tollen Bilder beweisen, herrschte an ihren Wasserstellen reges Treiben, sowohl tagsüber als auch in der Nacht. Bei Franziska haben die Spatzen die Schale kurzerhand in ein Freibad verwandelt. Nachts tappte tatsächlich ein Igel in die Fotofalle und auch eine Maus wagte sich ans wässrige Buffet. Ihr Fressfeind, der Dachs, war drei Nächte später im Garten unterwegs, wunderschön präsentierte er sein arttypisches Streifengesicht. © Franziska Lörcher / stadtwildtiere.ch Steigen die Temperaturen, nehmen Vögel gerne ein Bad. Hier vergnügt sich eine Gruppe Spatzen. © Franziska Lörcher / stadtwildtiere.ch Der kleine Fussgänger ist scheinbar froh um eine Erfrischung. © Franziska Lörcher Bei tiefen Schalen brauchen kleine Tiere Ausstiegshilfen. Die Maus als Kletterkünstlerin hat hier kein Problem. © Franzsika Lörcher / stadtwildtiere.ch Dachse werden häufiger im Siedlungsraum. Von schlauen Vögeln Auch Cornelia lässt uns an ihren Erlebnissen teilhaben und berichtet uns: «Seit wir die Wasserstelle eingerichtet haben, ist der Bär los! Die Krähen sind die Schlauesten. Jeden Tag bringen sie mehrfach Brot, oder auch andere brotähnlichen Resten wie ganze Reiswaffeln, versenken und weichen es ein, warten kurz, fressen es auf oder nehmen es eingeweicht mit.» © Cornelia Hürzeler / stadtwildtiere.ch © Cornelia Hürzeler / stadtwildtiere.ch Schlaue Rabenkrähe. In ihrer Nachbarschaft sind zudem Elstern eingezogen: «Die Elstern kommen vielleicht, weil sie nebenan in einem Pflümlibaum ein Nest gebaut haben. Ich hoffe, sie brüten auch.» Elstern gehören auch zur Familie der Rabenvögel und stehen den schwarzen Einsteins in Bezug auf Intelligenz in nichts nach. Cornelia freut sich sehr über die vielen Besucher: "Es kommen wirklich alle, regelmässig! Der Dachs hat jeweils zuerst getrunken und dann sein Hinterteil in der Schale gebadet, vielleicht auch markiert.» © Cornelia Hürzeler / stadtwildtiere.ch Tagsüber nutzen die Elstern die Schale zum Trinken und … © Cornelia Hürzeler / stadtwildtiere.ch .... die Amsel und ... © Cornelia Hürzeler / stadtwildtiere.ch ... die Blaumeise zum Baden. © Cornelia Hürzeler / stadtwildtiere.ch Und nachts kommen der Fuchs ... © Cornelia Hürzeler / stadtwildtiere.ch ... der Dachs... © Cornelia Hürzeler / stadtwildtiere.ch ... und der Marder vorbei, um ihren Durst zu löschen. Ersatzlebensräume einrichten Wo ein hoher Versiegelungsgrad herrscht in der Stadt, sind Wasserstellen besonders wichtig. Hinterhöfe und Vorgärten eignen sich hervorragend für das Einrichten von Wasserstellen. Vielleicht hat es sogar Platz für einen Brunnen. Etwas aufwändigere Alternativen zu den oben erwähnten Wasserschalen sind im Zuber angelegte Sumpflandschaften. An einem halbschattigen Ort platziert und bepflanzt mit einheimischen Wildpflanzen sind sie hübsch anzusehen und bilden eine halbnatürliche Wasserstelle. © Claudia Kistler / stadtwildtiere.ch Miniteich oder Sumpflandschaft mit Sumpfdotterblumen und Lilien. © Cornelia Hürzeler / stadtwildtiere.ch Brunnen sind eine äusserst wertvolle Einrichtung im Siedlungsgebiet. Weiterführende Informationen Bundesamt für Umwelt BAFU: Hitze in Städten